Encuentro vocacional

Hallo! 

 

Letztes Wochenende bin ich mit zwei Jugendlichen aus Granada und zwei Schwestern von hier auf die Isla de Ometepe gefahren, um dort an einem „Encuentro vocacional“ teilzunehmen. Das war ein Treffen von vielen Jugendlichen der ganzen Insel, die sich regelmäßig versammeln, um ausgelassen den Glauben zu Gott zu feiern. Es wird getanzt, gesungen und gebetet, aber auch gruppenstärkende Spiele stehen auf dem Programm. Es war wirklich sehr beeindruckend zu sehen, wie sich alle von der atemberaubenden Stimmung mitreißen ließen.

 Der Glaube und die Religiosität spielen hier eine sehr große Rolle. Seit ich hier bin werde ich täglich damit konfrontiert. Schon den Kleinsten wird auf eine wirklich mitreißende Art und Weise versucht, den Glaube zu vermitteln und ihnen näher zu bringen. Vor allem in den Monaten November und Dezember wird hier die „Maria Purisima“ sehr verehrt. Die Kinder singen und tanzen, feiern, als würde ein Popstar vor ihnen stehen. Selbst der ungläubigste Mensch muss hier allein durch die ganz besondere Atmosphäre, die mir jedes Mal wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubert, angesteckt werden. Es ist jedes mal wieder schön miterleben zu dürfen, wie die Kinder ihr ganzes Herzblut in das Singen oder das Spielen eines Instruments stecken. Dabei spielt keine Rolle, ob man das Instrument, dass man gerade in der Hand hält beherrscht oder nicht, weshalb das Ganze auch alles andere als perfekt oder einstudiert klingt. Das einzige, was zählt ist, dabei zu sein und mitzumachen. Auch im Gottesdienst muss es nicht perfekt, strukturiert und geplant ablaufen. Doch genau diese lockere und ungezwungene Stimmung ist es, die mich jedes mal auf Neue mitreißt.

 Wenn ich anfange, weiter darüber nachzudenken, kommt immer wieder die Frage in mir auf, wie all die Menschen hier, die Tag täglich das Leid der Armut erfahren, manche mehr, andere weniger, ohne jeden Zweifel an dem Glauben an den gütigen Gott festhalten können. Warum die Menschen hier ihren Glauben derartig ausleben, Tag für Tag, wo doch die Existenz Gottes jeden Tag aufs neue bezweifelt werden könnte. Wo dagegen wir, im wohlgenährten Deutschland, durchaus unsere Zweifel hegen und der Glaube nicht eine derartige Rolle in unserem Alltag einzunehmen scheint. Doch ich glaube, dass genau diese Ungezwungenheit, diese besondere Atmosphäre und das Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit es sind, die die Menschen ihre Hoffnung nicht aufgeben lässt.

 

Obwohl ich schon viel Spanisch in der kurzen Zeit gelernt haben, habe ich natürlich immer noch Schwierigkeiten, mich zu verständigen. Seit ich gestern mit einem kleinen Mädchen von Mamá Margarita gesprochen habe, bin ich mir aber gar nicht mehr so sicher, ob ich überhaupt die richtige Sprache lerne. Weil sie mir geholfen hatte, neue Wörter auf Spanisch zu lernen, wollte ich sie gleich als meine Spanischlehrerin engagieren, doch ich bekam nur zur Antwort, dass sie weder Spanisch noch Englisch noch eine andere Sprache könne. Nur das, was sie eben spreche. Na dann muss ich mir wohl jemand anderen suchen, um Spanisch zu lernen.

Langsam wird alles ein bisschen gewohnter, die Tage, an denen ich Heimweh habe, werden weniger und die Zweifel, ob ich das alles durchziehen könnte, werden durch die vielen schönen Erfahrungen, die ich hier täglich mache, nichtig. All die Menschen, die mich auf meinem Weg zu Mamá Margarita nicht mehr von oben bis unten mustern, sondern mich freundlich grüßen, mir einen schönen Tag wünschen oder mich einfach anlächeln. Die Kinder, die sofort angerannt kommen und mittlerweile sogar meinen Namen wissen. Der Hausmeister, der ein "Guten Morgen" auf deutsch versucht auszusprechen. Es sind die Kleinigkeiten, die ich hier zu schätzen lerne und die mich zum Lachen bringe, die mir zeigen, dass kein Geld der Welt die Herzlichkeit, die ich hier von den Menschen und vor allem von den Kinder zurückbekomme, ersetzen könnte.

Heute war der letzte Schultag vor den Ferien, was bedeutet, dass ich bald eigene Aufgaben im Projekt übernehmen werde. Natürlich besteht auch in den Ferien die Möglichkeit für die Kinder, zum Essen zu kommen. Doch wir wollen auch andere Aktivitäten, wie Englischunterricht, Basteln und Sport, anbieten, um die Kinder davon abzuhalten, auf der Straße herumzulungern. Ich bin wirklich gespannt wie es weitergeht. Da sich hier alles immer in kurzer Zeit ändert, ist Flexibilität gefragt.

 

Bis bald!

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Melanie (Samstag, 26 November 2016 14:16)

    Julia wünsch dir noch ganz viel Spaß und sammle noch viel mehr Erfahrung als du bis jetzt schon gesammelt hast :) schöne grüße aus dem kalten ried :)

  • #2

    Birgit Mayr (Sonntag, 27 November 2016 10:30)

    Hallo Julchen, allergrößten Respekt vor deinem Mut ! Du berichtest aus einem fernen fremden Land, dessen Sprache Du jetzt erst lernst mit einer Energie, die einen hier zuhause ganz klein werden lässt. Ich bin immer schon ganz neugierig auf die neuen Erzählungen und Fotos. Toll das es so einen Blog gib. Wir begleiten dich mit unseren Gedanken und wünschen dir weiterhin so viel Enthusiasmus in deiner Arbeit vor Ort. LG Birgit und Stephan

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